Wer kennt nicht den Schauenberg von Pfaffenheim, zwischen Colmar und Rufach? Wer schaut nicht hinauf zu dem Berg, von dem die weißen Gebäulichkeiten mit dem Kirchlein weithin über die Ebene grüßen! Es ist ein schöner Erdenfleck des oberen Elsaß, mitten in einer von Natur, Geschichte und Kunst bevorzugten Landschaft. Ein herrlicher umfassender Blick bietet sich von dort oben dem Besucher dar: uns zu Füßen liegen rebenumkränzt die Ortschaften Pfaffenheim und Geberschweier, beide durch ihre romanischen Kirchen bekannt, hier der alte Chor, dort einer der schönsten Türme des Elsaß; etwas weiter das Städtchen Rufach mit seinem Liebfrauen-Münster, den alten Häusern und Höfen, die weite Ebene von Colmar bis hinauf zum Jura, uns gegenüber der Schwarzwald und etwas näher, aus Feuerstichen geboren, der Kaiserstuhl. Bei ganz hellem Wetter kann man in der Ferne das Straßburger Münster, jenes von Freiburg und Breisach erkennen, und unser Blick geht bis zu den Firnen des Berner Oberlandes.
Um uns rauscht der Wald. Fürwahr einer der schönsten Aussichtspunkte des Elsaß ist der Schauenberg.
Die Legende.
Die ersten Zeiten der meisten Wallfahrtsstätten sind auch bei uns oft in geheimnisvolles Dunkel gehüllt. Das ist auch beim Schauenberg der Fall. Die Legende erzählt, um das Jahr 1400 hätten die Bewohner der Ebene die früher Hoburg genannte Stelle in Brand und Feuer gesehen. Im Schrecken hätten sie ausgerufen: "Schaut am Berg!" Sie glaubten an einen Waldbrand, ritten herbei - allein unversehrt war der Wald geblieben. Von diesem Zeitpunkt an hätte man diesen Ort Schauanberg und später Schauenberg genannt.
Nach einer anderen Legende hätte ein elsäßischer Ritter auf seiner Pilgerfahrt nach dem Hl. Land gelobt, nach seiner Heimkehr der Mutter Gottes eine Kapelle zu bauen. Er hielt sein Versprechen. Als er nun eine passende Stelle zum Bau in der Rufacher Gegend suchte, hätte er zwischen Geberschweier und Pfaffenheim eine geheimnisvolle Stimme gehört: "Schau den Berg!" Als er hinaufschaute, sah er am Hang der Vorhügel der Vogesen eine Flamme. Er nahm den Weg dorthin, und als er näherkam, bemerkte er ein ganz von Feuer umgebenes, doch wunderbar erhaltenes Marienbild. An dieser Stätte baute er eine Kapelle zu Ehren der Lieben Frau.
Aus dem Kunstführer Nr. 921 (von 1969) 2. neubearbeitete Auflage 1993, Verlag Schnell & Steiner GmbH, München - Regensburg